Outdoor als die neue Kirche!

Ein spannender Gastbeitrag von Marcel Beaufils vom rheingold institut  über die neuesten Erkenntnisse zu Kundenprofilen im Outdoor-Segment und was der Handel daraus lernen sollte.

Die Studie: Outdoor als die neue Kirche

Methodik:

Psychologen des Kölner rheingold instituts haben im Auftrag der OutDoor by ISPO mit tiefenpsychologischen Interviews und Analysen den seelischen Kern von Outdoor untersucht.

Zentrale Erkenntnisse:

Gerade in unserer überreizten und überregulierten Gesellschaft bietet das Outdoor-Erlebnis für Menschen einen temporären Exit in eine ursprüngliche Welt, in der sie die Erhabenheit der Natur ohne digitalen Filter erleben.

Outdoor liegt eine Sehnsucht nach der Rückkehr zu unseren steinzeitlichen Wurzeln zugrunde. Die körperliche Herausforderung im Zusammenspiel mit der Hingabe an die gewaltige Natur haben eine heilsame und sinnstiftende Wirkung und ähnelt religiösen Zügen.

Das Outdoor-Erlebnis entsteht nicht punktuell, sondern durch einen Prozess aus diesen drei psychologisch untrennbaren Phasen:

  1. Heraus-Forderung: Raus aus der Geborgenheit in die Natur, sich bewähren, neue Wege entdecken und wie durch Stoßlüften zu einer psychischen Öffnung gelangen.
  2. Bewährung und Belohnung: Flow, aber auch Müdigkeit, Schmerzen und Gefahren, die bewältigt werden wollen. Ein Lagerfeuer und ein zünftiges Abendessen belohnen für die überstandene Anstrengung.
  3. Gestärkte Rückkehr: Jede Etappe ist eine kleine Heldenreise, doch erst die ganze Tour immunisiert. Der Rückkehrer ist verwandelt, achtsamer und mit spannenden Storys im Gepäck.

Wenn man diese drei Phasen durchläuft, lässt sich psychologisch von einem Outdoor-Erlebnis sprechen. Es ist eben mehr als nur draußen sein.

Das Outdoor-Mindset:

Quelle: rheingold institut

Es lassen sich vier grundsätzliche Verfassungen (Mind-sets) finden, die auf einer psychologischen Motivstruktur basieren. Diese Verfassungen lassen mittels einer Matrix eine Einordnung von Marken und Sportarten zu. So kann jede Marke und/oder Händler seine Positionierungsansätze überprüfen.

Gerahmter Eskapismus: Das Bedürfnis nach ruhigen und entspannten Momenten, die alltagsnah und flexibel sind. Man möchte die Natur und das Ursprüngliche erleben. Allerdings immer mit einem hohen urbanen und kultivierenden Aspekt, der einem auch schnell kurze Outdoor-Momente möglich macht. Das können kleine Grill-Events im Park sein, aber auch ein Trip für wenige Tage in die Eifel.

Klassische Naturliebe: Hier möchte man tief in die Natur und ‚back to the roots‘ und dabei in seinen persönlichen Flow kommen, der einem hilft richtig abzuschalten und die Umgebung voll und ganz aufzusaugen. Man wird eins mit der Natur und fühlt sich als Teil etwas Großem und Unbegreifbarem, und das ohne ständigen Handyempfang.

Urban Warrior: Diese Verfassung lädt sehr stark auf dem Drang nach Kampf und Bewältigung. Im urbanem Raum wird sich gerne als Held und Kämpfer inszeniert. Allerdings mit sehr hohen Absicherungsmechanismen, die einem trotz aller Stärke viel Sicherheit bieten. Gute Beispiele sind die immer beliebter werdenden ‚Tough Mudder‘ Events, die totalen Kampf und Herausforderung bieten, ohne dass wirkliche Gefahr droht.

Survival und Adrenalin: Hier geht es in die Tiefen der Natur, direkt in die Auseinandersetzung mit den Elementen. Im Gegensatz zur klassischen Naturliebe, möchte man die beeindruckende Umgebung zähmen und seine hart erlernten Fähigkeiten unter Beweis stellen. Diese heroischen Taten werden auch sehr gerne in social Media nochmal zur Schau gestellt.

Mit Verständnis dieser Matrix und des psychologischen Outdoor-Prozesses können Händler und Marken ganz neue Bereiche als Outdoor-Erlebnis inszenieren und ihr Profil im Hinblick auf Kunden-Bedürfnisse und –Verfassungen schärfen. Neue Kundengruppen sind besonders im Bereich „Urban Warrior“ und „eingerahmter Eskapismus“ anzusprechen.

Insbesondere der Handel muss diese vier Verfassungen ansprechen und im Geschäft erlebbar machen. Insbesondere Outdoor-Anfänger, die sich erst peu á peu in die risikoreichere Outdoor-Welt hineinbegeben wollen, dürfen nicht mit zu anspruchsvollen Themen und Bilder abgeschreckt werden. Es müssen mehr ‚Outdoor Light‘ bzw. urbane Outdoor Bereiche geschaffen werden.

Denn sind die Konsumenten erst einmal in Kontakt mit Outdoor gekommen, lassen sie sich schnell von der spirituellen Wirkung faszinieren und sehnen sich nach immer mehr Outdoor-Erlebnissen und Produkten.